Ganz ausgezeichnet! Großartig, wie es den Betrachter mit einbezieht und geradezu provokant die Frage im Raum stehen lässt, was sich das Vögelchen in seinem Sinkflug wohl fragt? Was mag es gewesen sein, als es im Morgennebel vorbeiflatterte? Hat es durchs Fenster geschaut und sich über das zerwühlte Laken gewundert? Oder über den Baum, der im Weg war...? Man weiß es nicht...

Lieber Horst Köhler

Wie Sie sich sicher denken können, freue ich mich sehr darüber, dass Sie nach so langer künstlerischer Schaffenspause wieder Zeit und Energie gefunden haben, die Zeichenfeder zu ergreifen und einen neuen gefiederten Freund zu Papier zu bringen.

Und diesmal zeigen Sie sich gar von der Seite eines Comiczeichners (da der kleine Piepmatz in meinen Augen formell den Charakteristika dieses Genres entspricht). In Ihnen scheinen mehr Talente zu schlummern, als Ihnen selbst möglicherweise bewusst ist.

Wie schon zuvor, möchte ich Ihr neustes Werk zum Anlass nehmen Ihnen ans Herz zu legen, sich weiterhin der Kunst und insbesondere dem Zeichnen zu widmen, wann immer es Ihre Zeit zulässt. Und wer weiß, wenn Sie sich eines Tages bezüglich der Politik zur wohlverdienten Ruhe setzen, eröffnet sich vielleicht eine künstlerische Laufbahn, innerhalb derer Sie mit einem künstlerischen "Alterswerk" noch einmal ganz neue Wege beschreiten können. Ihr guter Name sollte Ihnen dabei sicherlich die einen oder anderen Pforten öffnen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen weiterhin frohes und kreatives Schaffen!

Mit besten Grüßen
Volker Dornemann

Die heiteren, nicht zu bremsenden Zugvögel sind ja nun längst fortgeflogen, die Stare, Finken und Schwanzmeisen in der Winterdepression, in der wir uns besinnen und uns darauf vorbereiten, dass alsbald der Zeitwechsel kommen mag, an dem die Tage, freilich zögerlich zuerst nur, wieder etwas länger werden.

Auf vielfachen Wunsch dieser freundschaftlichen Gemeinde hier, schuf ich wieder das Bildnis eines kleinen Vögleins, wie es vor nur wenigen Tagen vor meinem Fenster am Schloss Bellevue, meinem Amtssitz, rasch vorbeiflatterte im frühen Morgennebel. In meinem seidenen Hausmantel saß ich nach der durchwachten Nacht (voller Sorgen um unsere Bundesrepublik Deutschland) über den zerwühlten Laken und mit zerrauftem Haar und starrte mit gläsernem Blick in den fröstelnden Tiergarten hinaus und entschloss mich spontan, diesen kleinen, robusten Kerl zu Papier zu bringen. Diesmal wählte ich, dem kargen Winter und der schweren Zeit gemäß, die schwarze Tusche auf dem harten, weißen Papier, um das Tier zu konterfeien.

Ich stellte mir vor, wie der wetterharte und allzeit hierbleibende, der heimattreue Sperling über die Wipfel des Tiergartens hinwegschwebt, um dann (fragend!) des Abrisses des "Palastes der Republik" gewahr zu werden - ohne als etwas "mindere" Kreatur schon etwas von dem nagelneuen Berliner Schloß auch nur erahnen zu können. Wer weiß, vielleicht mag er mit seiner treuen Gefährtin dort einmal das Gelege in den Nischen der Fassade ablegen können:) Wie auch immer, sei uns der der kleine, uns vertraute Geselle allzeit ein treuer Freund! Möge sein Fliegen uns stets daran erinnern, dass es auch mit unserem Staat wieder aufwärts gehen wird!

Das kleine Werk, das ich in mehrtägiger Arbeit versuchsweise erschuf, hinterlässt bei mir wie immer erhebliche Zweifel an meinem Talent, kann sein, dass es zu dürftig ist. Jenem, der es wahrnimmt, möchte ich die Bitte antragen, Frau Dr. Merkel, unsere gemeinsame deutsche Bundeskanzlerin, nicht darauf anzusprechen, da sie meiner Vögel-Arbeit höchst kritisch gegenübersteht - doch gibt mir gerade dieser kreative Ausgleich viel Kraft für wichtige Aufgaben zugunsten unserer Nation (auch wenn sie das einfach nicht "rafft", wie man heute salopp sagt).

Bezüglich der künstlerischen Kraft meiner ganz neuen Arbeit bitte ich um Milde und um ein objektives und nachsichtiges Urteil, denn der kreative Schöpfungsprozess kann nicht jenem eines hauptberuflichen Künstlers entsprechen, ich übe noch.

Ich freue mich, hier manchmal bei Ihnen sein zu können!

Mit herzlichen wie "kollegialen" Grüßen voller Wertschätzung,
Ihr Dr. Horst Köhler